Six Feet Under
USA, 2001 - 2005
Umfang: 5 Staffeln (63 Episoden)
Genre: Drama
Idee: Alan Ball
Die Fishers führen in Los Angeles ein Bestattungsunternehmen. Nachdem
Familienoberhaupt Nathaniel Fisher bei einem Autounfall ums Leben kommt,
müssen die restlichen Mitglieder der Familie versuchen, sich neu zu
positionieren und trotzdem ihr altes Leben fortzusetzen. Während die
Brüder Nate und David das Unternehmen weiterführen, ihre Schwester
Claire ihre adoleszente Phase bewältigen muss, verarbeitet Ruth, die
Mutter der Familie, den Tod ihres Mannes in neuen Beziehungen.
Eine Serie über die Mitglieder eines Familienunternehmens zu drehen,
welche Kunden Särge verkaufen und Räumlichkeiten für Trauerfeiern zur
Verfügung stellen, ist schon eine verrückte Idee. Dahinter stand
maßgeblich Alan Ball, der Drehbuchautor des preisgekrönten Spielfilms
AMERICAN BEAUTY. Doch so furztrocken, wie die Prämisse vielleicht
klingen mag, ist die Serie überhaupt nicht. Neben der gegen den Strich
gebürsteten Beschäftigung mit dem Thema Tod, welches als zentrales
Teilstück fungiert, erlebt man das Format als besonderes Beispiel dafür,
wie das serielle Erzählen mit einer zutiefst filmischen Sprache Hand in
Hand gehen kann. Um nicht im Strom konventioneller, mechanischer
TV-Ästhetik zu schwimmen, setzte man häufig auf die Methode, Bilder
relativ streng zu inszenieren, um auf diese Weise wenig dem Zufall zu
überlassen. Der Zuschauer sollte sich so nicht nur in der Geschichte,
sondern gleich auch in den Bildern verlieren.
Dass die Serie allerdings nicht zum Einpennen einlud und unheimlich
erfolgreich war, lag aber in erster Linie wohl nicht an der Aufmachung.
Verantwortlich zeichnete sich dafür schon eher das Figureninventar,
dessen Inhalt bereits nach wenigen Episoden umwerfend erscheint. Da
haben wir Nate, der eigentlich nur für eine kurze Zeit zu Hause
vorbeischauen wollte, sich aber nach dem tödlichen Unfall des Vaters der
Verantwortung stellt und zusammen mit seinem Bruder David das
Bestattungsunternehmen weiterführt; David, der erst einmal verkraften
muss, dass sein Vater im Testament seinem Bruder den gleichen Anteil aus
dem Erbe überreichte wie ihm, obwohl Nate schon seit Jahren aus dem
Haus ist und nichts Produktives für den Familienbetrieb geleistet hat.
Die Spannung zwischen den beiden schwindet dann aber langsam, nach und
nach fallen die stillen und lauten Ressentiments. Zu Verbündeten werden
sie dann, als eine große Kette ihr kleines Unternehmen kaufen will und
dabei ordentlich Druck macht.
Ihre Mutter Ruth sucht derweil ihr Heil und ihre Ablenkung in der
Beziehung mit einem Typen namens Hiram sowie einem Job in einem
Blumenladen, der von Nikolai geführt wird, welcher ihr später auch noch
Avancen macht. Die jüngste Person in diesem Kreis ist Claire, die noch
in der Pubertät steckt, zum ersten Mal Meth ausprobiert und mit einem
Burschen etwas am Laufen hat, der gerne und viel Drogen konsumiert. Wie
vor einem Haufen von Scherben steht dieser kleine Verbund zuerst, als
das Oberhaupt der Familie und der Firma nicht mehr zugegen sein kann.
Die Hauptaufgabe besteht für alle Beteiligten darin, ein sinnvolles
Konzept nach dem Tod des Ordnungsbewahrers zu finden; einen Neustart zu
machen, ohne auf die Resettaste drücken zu müssen. Trotzdem möchte jeder
von ihnen natürlich ein Stück weit für sich allein leben und sein
eigenes Süppchen kochen, sodass Familien- und Freizeitsphäre oft genug
voneinander getrennt werden müssen, was zu allerhand
Kommunikationshemmnissen führt, die die Figuren wiederum voneinander
isolieren.
SIX FEET UNDER braucht weder Cliffhanger noch Action oder markige
Sprüche, denn exzellent geschriebene Geschichten reichen aus, damit der
TV- respektive DVD-Gucker seinen Blick nicht von der Glotze abwenden
möchte. Es ist eine Sendung, die gegen die Tabuisierung der Themen Tod
und Trauer kämpft und in der ersten Staffel bärenstarken Drehbuchstoff
aufweist, der u.a. durch Alan Ball, Kathy Bates und Lisa Cholodenko (THE
KIDS ARE ALL RIGHT) auf dem Regiestuhl eine Interpretation erfährt.
Sich eine Folge von SIX FEET UNDER anzusehen, ist zudem so, als ob man
eine Ausstellung über die Imperfektion des Menschen besuchen würde.
Zumindest stelle ich mir das so vor. Hilflos hinsehen, und doch
überwältigt staunen.
2 Kommentare
Was für ein wunderschönes Fazit. Trifft es sehr gut, finde ich.
AntwortenLöschen:-)
AntwortenLöschen