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May (2002)


MAY
(May - Die Schneiderin des Todes)
Regisseur: Lucky McKee
USA 2002

Das unheimliche Verlangen nach Liebe

Aufgrund eines Augenfehlers hat May seit ihrer Kindheit Probleme, Kontakt zu anderen Menschen herzustellen. Die Puppe, welche ihre Mutter ihr als Kind geschenkt hatte, besitzt sie immer noch, damit sie sich nicht allein fühlen muss. Als junge Frau arbeitet May in der Position einer Arztassistentin in einer Tierklinik und in ihrer Freizeit näht sie sich gerne neue Kleider. Ihr Alltag wird jedoch zu einer neuen Herausforderung, als sie Geschmack am attraktiven Adam entdeckt. Da sie bisher keine Erfahrungen mit Männern sammeln konnte, stellt sie sich unweigerlich unklug an, sodass die Anbahnungen in Zurückweisungen münden. Dieser von Lucky McKee realisierte Stoff ist für seine Entstehungszeit beispiellos in seiner Haltung zu seinem Sujet, welches die essenziellen Motive von FRANKENSTEIN und CARRIE remixt. Anstatt eines launigen Teen- bzw. Young-Adult-Slashers, der ein paar Jahre dem SCREAM-Hype hinterhängt, erwartet uns eine mäandrierende Charakterstudie, die tödlichen Konsequenzen zunächst ablehnend gegenübersteht. Hinweise, dass man es mit einem Horrorfilm zu tun hat, vernehmen wir aufgrund des Namens Dario Argento, welchen Mays Schwarm Adam zu glorifizieren scheint. In seiner Wohnung hängen nicht nur Poster des Films OPERA und vom Giallopapst selbst, der junge Herr dreht auch selber makabre Filme, denen man Blutleere nicht vorwerfen kann. Das irreal beängstigende Begehren der jungen Dame weist anfangs noch eine Vertrotteltheit auf, dann aber schon Bösartigkeit, die einerseits an hohe Erwartungen geknüpft ist und anderseits mit der Bewusstwerdung der eigenen Unvollständigkeit zusammenhängt. Tipps, wie man Männer küsst, holt sie sich nicht aus der amerikanischen Entsprechung der Bravo, sondern von ihrer Puppe, die hinter einem Vitrinenglas eingesperrt und in die ein unheimlicher Blick eingeschrieben ist. Momente einer psychischen Störung werden gekonnt mit Collagen aus dem normalen Alltag abgewechselt, wodurch man als Zuschauer in den Genuss einer rhythmisch getakteten An- und Entspannung kommt. Passagen mit Anna Faris als Empfangskraft einer Tierklinik sorgen sogar für einige bemerkenswerte Lacher, nicht zuletzt weil Frau Faris als Dummchen und lesbische Verführerin einen exzellenten Job macht. Die Tragik der Geschichte ist, dass Mays Verlangen nach Liebe und Sexualität in den anderen keine Entsprechung findet. Sobald der Punkt erreicht ist, an dem der Film diese Tragik mit seinem Publikum kommuniziert, bedient er sich der Mittel eines Slashers, als wäre er nie etwas anderes gewesen. Doch zu einer unkritischen Apotheose des italienischen Gothic-Maestros schwingt sich MAY nicht auf, eine manieristische Inszenierung hat man wohl bewusst zugunsten einer sparsam-konventionellen Abbildung von in den Körper fahrenden Spitzen verworfen, um Vergleichen keinen Vorschub zu leisten. Wenn den Film etwas mit Argentos Kernwerken bindet, dann am ehesten noch das Motiv der Augen, das hier ein Sehen und Gesehenwerden meint.

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