Sergej Gandlewski
(Warten auf Puschkin, 2002, Russisch)
2006 im Aufbau-Verlag erschienen |
Autor Sergej Gandlewski beschreibt in vier langen Kapiteln das Porträt eines mit seinem Leben unzufriedenen Dichters und verfolgt dreißig Lebensjahre, die mit viel Stil und einer unzweifelhaften Hingabe fürs Ironische rekonstruiert bzw. vergegenwärtigt werden. Gandlewski springt zwischen den Jahren, lässt immer wieder Lücken entstehen, die nach und nach gestopft werden. Auch was die Erzählperspektive betrifft, lässt sich der russische Schriftsteller von der braven erzählerischen Modellhaftigkeit nicht in die Ecke treiben. Stattdessen tauscht er aus vernünftigen Gründen gerne mal die auktoriale Situation durch eine Ich-Erzählperspektive aus, was insbesondere bei den Phasen, wo es um Lew Kriworotows große Liebe Anja geht, dazu führt, dass die Hauptfigur einen selbstständigeren Charakter und eine zerbrechlichere Hülle bekommt.
"Sie rauchte, die freie Hand in den Nacken gelegt, Kriworotow blickte verstohlen auf das schwarze Büschel in ihrer Achselhöhle und spürte, wie ihm neue Kräfte zuströmten."
Um die politische und gesellschaftliche Wirklichkeit in der Sowjetunion geht es in diesem im Jahr 2002 erschienenen Buch nur am Rande. Interessant ist sicherlich die humorvolle Darstellung der Dichterboheme der 70er Jahre, diese sich im Keller treffende Bande aus hoffnungsvollen und gebildeten Nachwuchspoeten sowie proletarischen Versschreibern. Aber was hat das Buch eigentlich mit dem in Russland beliebtesten Dichter aller Zeiten zu tun? Nun, einmal weist das Buch viele Zitate aus Puschkins Werken auf, wobei sich diese intertextuellen Bezüge nicht bloß auf Puschkin beschränken, sondern sich einer großen Anzahl von bekannten und weniger bekannten Schriftstellern widmen. Ein anderer Grund für den Buchtitel ist der im Buch gefeierte tote Dichter Tschigraschow. Er starb - wie Puschkin - mit 37 Jahren.
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