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The Hole in the Ground (2019)


THE HOLE IN THE GROUND
Regisseur: Lee Cronin
Irland/Belgien/Finnland 2019

Ist das noch mein Sohn?

Ein riesiges, Krater-ähnliches Loch klafft im Boden, umgeben von einem Wald, welcher aus dicht aneinanderstehenden Bäumen besteht. In unmittelbarer Nähe dieser schaurigen Realität, fernab von der Zivilisation, wohnt seit Kurzem eine junge Frau mit ihrem kleinen Sohn. Es könnte ein idyllisches Leben in dieser irischen Provinz sein, in diesem unfertigen Häuschen ohne postalische Adresse - wären da nicht die Sorgen der Mutter, dass der Junge nach seinem kurzen Ausflug ins unheimliche Waldstück nicht mehr ihr Kind sei. Die ästhetische Verwandtschaft mit HEREDITARY und die thematische Ähnlichkeit zu THE BABADOOK sind nicht zu widerlegen, doch immerhin ja nicht als die schlechtesten Verbindungen zu nennen, die ein solcher Film eingehen kann. Einem Vergleich hält THE HOLE IN THE GROUND allerdings nicht stand, vor allem dann, wenn man ihn auf kinematografische Kriterien abklopft. Bildaufbau, Atmosphäre oder Pacing verhalten sich in der Tat ähnlich, und die Stringenz der Elemente ist ausdrücklich herauszustellen, doch ihm mangelt es eindeutig an jener handschriftlichen Höhe, welche den beiden genannten Vorbildern ohne Wenn und Aber zuzuschreiben ist. Was die inhaltlichen Belange angeht, sind die letzten Meter, die das Werk von etwas Großem trennen, vergleichbar. Das Unbehagen vor dem Verlust der Verbindung zum Kind, von dem man sich Stück für Stück abzuseilen beginnt, hätte man mit dem gesellschaftlichen Imperativ denken können, dass man als Elternteil seine Kinder unter allen Umständen zu lieben hat. Diesen mutigen Schritt macht THE HOLE IN THE GROUND dann leider nicht beziehungsweise nicht konsequent, trotzdem lässt sich das Geschehen als Metapher einer gestörten Liebe zum eigenen Kind deuten. Die Wahrnehmung kleiner Unterschiede bezüglich der Verhaltensweise reichen bereits aus, um die Illusion auffliegen zu lassen. In einer Mischung aus Bewusstsein, Sensibilität und Intuition, welche sich nur durch eine enge Bindung entwickeln können, entdeckt die Mutter Risse und Furchen, weiß das geschätzte Original von der minderwertigen, mit bösen Absichten gefüllten Kopie zu unterscheiden. Die Beunruhigung setzt sich allerdings nicht in hysterischen Anfällen fort, sondern macht sich in rationalem Aktionismus bemerkbar. Dies wird auch von der jung ausschauenden Schauspielerin Seána Kerslake getragen, die ihre Rolle mit einem sonderbaren Charme ausfüllt. Die Erzählung kann deshalb ein angenehmes Tempo entwickeln und wir können in Ruhe die Biegungen erkunden, in die uns der Plot zwingt. Den Blick der Mutter verlassen wir dabei nicht, ihre Besorgnis sowie ihre Furcht setzt dann natürlich das Identifikationspotenzial frei, das es braucht, um uns in der psychologischen Qualität des Stoffes zu verlieren. Diese Psychologie mag sich banalste Gelegenheiten suchen, um sich in den Vordergrund zu stellen, doch letztlich geht es in diesem Zwischending von Horror und Familiendrama um kollektive Alltagsängste, ungeheilte Wunden und den Schrecken der Entfremdung. THE HOLE IN THE GROUND geht mit dem Doppelgängermotiv zugegebenermaßen plakativer um, als es in den letzten Jahren ICH SEH ICH SEH oder US getan haben. Das ist jedoch kein hinreichender Grund, den Film auszulassen.

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