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Us (2019)


US
(Wir)
Regisseur: Jordan Peele
USA 2019

Thỏ*

Adelaide Wilson verbringt die freien Sommertage mit ihrer Familie in einem Ferienhaus in Kalifornien. Dort angekommen diskutiert ihr Mann die Idee, mit einem befreundeten Pärchen ein paar Stunden am Strand von Santa Cruz zu verbringen. Davon ist Adelaide überhaupt nicht begeistert, da sie an genau diesem Strand vor rund 30 Jahren eine Begegnung in einem Spiegelkabinett hatte, welches zu einem Trauma führte. Trotzdem landet das Ehepaar mitsamt den zwei Kindern am Strand, was Adelaide Erinnerungen an ihr traumatisches Erlebnis abringt. Als sie abends wieder zu Hause sind, bemerken sie, dass eine vierköpfige Familie in ihrer Einfahrt steht. Adelaide ahnt Böses, doch dass sich hinter den Gestalten Doppelgänger von jedem Familienmitglied verbergen, das hat auch sie nicht kommen sehen. Was Jordan Peele zum wiederholten Male mit den Mitteln eines Genrefilms schafft, ist schon famos. GET OUT mutet gegen US wie eine Fingerübung an, bei dem der Regisseur zwar bildsprachlich superb seinen Inhalt verarbeitete, dieser jedoch auch angenehm nach dem Mund der linksliberalen Presse und des sozialwissenschaftlichen Mainstreams redete. So bot sein Debüt Spannung, Thrill und ein Intellekt für metaphorische und satirische Umschreibungen, aber wenige bedeutende Erkenntnisse hinsichtlich seiner Rassismusthematik. Man nickte ab und sagte sich: So ist das. US dagegen ist von seinen thematischen Schwerpunkten herausfordernder, beißfreudiger und gnadenloser, während Peele es sich auch hier gönnt, alle visuellen Register zu ziehen und mit Symbolen sowie Allegorien zu hantieren, bis man als Zuschauer dem Schweißausbruch ganz nahe ist. Das mag nicht der intellektuellen Komplexität eines Films von Bela Tarr oder Andrei Tarkowski genügen, aber die Versuche einer Verrenkung zum Verkomplizieren tut sich der Streifen erst gar nicht an. Deshalb erklärt er viele Gedankenansätze, lüftet Geheimnisse, die durchaus hätten verborgen bleiben können, und ist der öffentlichen Akzeptanz wegen um Dechiffrierung bemüht. Er zielt jederzeit auf den neugierigen und offenen Teil des Massenpublikums, den er mit seiner allegorisch gezeichneten dunklen Parallelwelt, die in jedem von uns zu stecken scheint, aufrütteln und schockieren möchte. Der Schrecken steckt nicht im Wandschrank, sondern im menschlichen Dasein. Den Gedanken an das Gute im Menschen will Jordan Peele, von dem auch das Drehbuch stammt, trotzdem nicht direkt eliminieren, aber er wünscht sich, dass wir uns vor uns selbst niemals sicher fühlen sollten. Anspielungen auf den Nachlass der Sklaverei, die Dämonen des Vietnamkriegs und die Existenz einer zutiefst geteilten Klassengesellschaft sowie der Vermerk des einzigen sprechenden Doppelgängers, dass sie Amerikaner seien, lassen darauf schließen, dass hier der Mensch zwar schon im Allgemeinen adressiert wird, die Einwohner der Vereinigten Staaten jedoch noch im Besonderen. Das verklausuliert Jordan Peele nicht, sondern lässt es uns durch einen Home-Invasion-Thriller wissen, der taktvoll und gerissen die Humornoten spielt, später an die apokalyptischen Ausmaße eines Zombiefilms erinnert und in der letzten Einstellung an APOCALYPSE NOW. In US scheint kein Gramm Zufall zu stecken, weshalb die penible Konstruiertheit des Drehbuchs sicherlich auch kritische Stimmen einfahren wird. Doch wer das fast zwei Stunden lange Werk in sein Herz lässt, wird staunen, wie alles ineinander übergeht und selbst der größte Hit von Luniz problemlos eingespeist wird, den einige wohl fortan für immer mit diesem Film verknüpfen werden. Give me two bucks, you take a puff, and pass my bomb back.

* vietnamesisch für: Kaninchen

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