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Klassenfahrt

Klassenfahrt


Deutschland, 2002
Genre: Drama
Regisseur: Henner Winckler
Darsteller: Steven Sperling, Sophie Kempe

Die Klasse 10 b aus Berlin macht eine Klassenfahrt an die polnische Ostsee. Dem Außenseiter Ronny bedeutet dieser Ausflug mit dem Klassenverband sehr wenig, so dass er an Gesprächen und Aktivitäten kaum teilnimmt. Als sich die in der Schulklasse beliebte Isa sich für ihn zu interessieren scheint, verliebt er sich in sie. Doch dann lernt sie den Polen Marek kennen und Ronny beginnt eifersüchtig zu werden. Ein stiller Wettkampf um Isa beginnt.

Kommentar: Dass das einer dieser Filme sei, bei denen man viel Sitzfleisch benötige, wäre eine seltsame und ein nur zu allgemeine Aussage, da man dadurch natürlich die starke Diskrepanz zwischen den verschiedenen Zuschauerinteressen vollkommen außer acht ließe. Es gibt eben Filmfreunde auf der Welt, die lieben die übertriebene und beherrschende Stille; die Leere, die zwischen Protagonisten entsteht, wenn jegliche Worte keine Bedeutung mehr haben; die Abgründe, die so unprätentiös geschildert werden, dass sie einem als real existierend erscheinen. Vielleicht macht genau die Betrachtung dieser Existenz Filme wie "Klassenfahrt" so faszinierend.

Henner Winckler bietet dem Sichter kein Abenteuer mit Erlebnischarakter, sondern einen gewöhnlichen Trip in den Kosmos zweier Jugendlicher, Ronny und Isa. Ihre Furcht vor Worten ist so etwas wie das Thema des Films, an welches sich die Inszenierung perfekt anpasst, denn spröde Aufnahmen, die selbst Nonsense-Gespräche als markante Höhepunkte eines Tagesablaufs darstellen, konkurrieren hier nur noch mit unzähligen anderen spröden Aufnahmen. Alles wirkt reduziert. Selbst Ronny und Isa sind von ihren Charaktereigenschaften weit entfernt davon, vordergründig besonders originell gezeichnet zu sein. Er, ein stiller Außenseiter, sie, ein in der Schulklasse beliebtes und bei Männern gut ankommendes Mädchen. Doch in den Klassenfahrttagen erwacht in ihnen eine große Sehnsucht und schweißt sie zusammen. Ihre Verbindung ist die Sehnsucht nach Stille, das Bedürfnis nach einer Stummtaste. Genau das wird zur Herausforderung der beiden, gleichzeitig jedoch auch ihr gemeinsames Verhängnis.

"Klassenfahrt" ist bloß an der Oberfläche ein ruhiges Teenager-Drama. Innerlich ist besonders Ronny am Kochen. Das Entfremdetsein scheint jedoch nicht sein primäres Problem zu sein. An den Freizeitveranstaltungen seiner anderen Mitschüler nimmt er sowieso nur passiv teil. Sie interessieren ihn nicht, weil sie laut sind und aufgeregt daherkommen. Isa dagegen erkennt als er Verbündete. Was folgt ist die unausgesprochene Liebe, schließlich die krankhafte Eifersucht, weil sie mit einem Polen unterwegs ist, und als letzter Akt ein Duell zwischen ihm und dem Polen, ganz klassisch, weil es eben nur einen Eroberer geben kann. Nicht ganz so klassisch zu diesem Aufbau präsentiert sich das unrühmliche Ende des Zweikampfs, das einen Toten fordert, nämlich den Polen, aber in der Inszenierung keine spezielle Form erfährt. Etwas Außergewöhnliches wird zum Gewöhnlichen. Hier manifestiert sich auch Ronnys latente Bereitschaft stark über die moralischen Grenzen hinauszugehen, eindrucksvoll fängt es der Fim dabei ein. Weil "Klassenfahrt" keinen Zwang verspürt, seine Stimmung in einem eigentlich für Ronny chaotischen Zustand zu ändern, trifft er den Zuschauer umso härter, da die Existenz eines Abgrunds durch die Unaufgeregtheit und das vermeintlich Selbstverständliche nur noch klarer zu beobachten ist.

7/10

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