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Kamera o tomeru na! (2017)


KAMERA O TOMERU NA!
(One Cut of the Dead)
Regisseur: Shinichiro Ueda
Japan 2017

Das stand aber nicht im Drehbuch

In einer verlassenen Fabrikanlage versucht ein ziemlich aufgeregter und nach authentischem Schrecken gieriger Regisseur mit seiner Crew einen scheinbar innovativen Zombiefilm zu drehen, welcher aus einem Take bestehen soll. Kein Schnitt soll die Glaubwürdigkeit und körperliche Direktheit der Action stören, alles soll wie aus einem Guss wirken. Doch so recht klappen tut das Vorhaben nicht. Mittlerweile ist man schon beim 42sten Versuch angelangt, die Nerven liegen ein wenig blank. Bei einer Ruhepause kommt es dann jedoch zum Unvorstellbaren. Echte Untote tauchen am Set auf und greifen die Crew an, was die Laune des Regisseurs weit nach oben katapultiert. Bekommt er dadurch endlich die authentischen Bilder, die er für sein Projekt braucht. ONE CUT OF THE DEAD (englischer Titel) war in Japan ein Sensationserfolg und hat als Underdog in Sachen Sympathie alles und jeden auf seiner Seite, doch man sollte bloß nicht den Fehler machen und eine Zombiekomödie erwarten. Von diesem Modus ist ONE CUT OF THE DEAD nach dem Beginn nämlich gute 60 Minuten entfernt. Der für lächerliche 3 Millionen Yen (25.000 US-Dollar) gedrehte und von Laienschauspielern besiedelte Film vermittelt zunächst den spröden Geschmack eines x-beliebigen schlechten Zombiestreifens, bevor er mit mehreren erzählerischen Schichten zu werkeln beginnt, die unangestrengt und vor allem unaufgeregt vermittelt werden. Ein Twist, der so oft sensationalistisch behauptet wird, existiert nicht. Es existieren Brüche und Überraschungen, intelligente Täuschungsversuche der Bilder und angebliche Ungereimtheiten, mit denen gegen Ende ordentlich aufgeräumt wird. KAMERA O TOMERU NA! zeigt beachtlich, wie nah Schund und Kunst oft beieinander sind und reift im Verlauf zu einer höflichen Ode an das DIY-Filmemachen heran. Das Zombiegenre nimmt er eigentlich nur als Folie, um Produktionsprozesse ironisierend sichtbar zu machen, die Schwierigkeiten von Billigfilmern auf die Schippe zu nehmen und die Liebe zum Medium zu transportieren. So wird der Gattung Zombiefilm kein frischer Atem eingehaucht, wie so oft sensationalistisch behauptet wird, denn um Untote geht es in dem Film kaum. Dennoch: Was als fertiges Studienprojekt zunächst nur in einem speziellen Kino in Tokio laufen sollte, hat es zu einer finanziellen und vom Publikum geliebten Sensation geschafft. Dies hat viel mit der Höflichkeit des Drehbuchs und der oft seltsamen bis - meiner Meinung nach - sogar zweifelhaften Rezeption und Vermarktung zu tun. Seine langlebigen Verdienste sind in erster Linie im textuellen Bereich zu finden, der seine Vielfältigkeit aus der Pflicht zur Kreativität zieht, die wiederum sehr viel einem Mangel an ökonomischen Ressourcen verdankt. Solange es solche Filme gibt, kann sich der Niedergang filmischer Kultur nur in weiter Ferne befnden.

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