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Rebecca

Rebecca



USA, 1940
Genre: Drama, Thriller
Regisseur: Alfred Hitchcock
Sprecher: Laurence Olivier, Joan Fontaine

In Monte Carlo lernt eine junge Gesellschafterin den reichen Maxim de Winter kennen, der vor einem Jahr seine Ehefrau verlor. Beide verlieben sich ineinander, heiraten und ziehen in das riesige Anwesen Manderley. Dort muss die neue Frau de Winter jedoch erst einmal zurechtkommen, weil das Haus nicht nur ziemlich riesig ist, sondern eine große Menge von Bediensteten hat - eine Situation, die sie aus ihrem bisherigen Leben nicht kennt. Außerdem ist da noch die Chefhaushälterin Miss Danvers, die sich von Anfang an misstrauisch gegenüber der neuen Ehefrau von Maxim verhält.

Zwischen Romantik und Beklemmung

Kommentar: Über eine junge Frau, die sich mit einem reichen Witwer verheiratet und in dessen riesiges und düsteres Anwesen einzieht, erzählt REBECCA anfangs noch mit romantischen Posen, ehe es um die Aufdeckung von Lügen und Geheimnissen geht, welche erst langsam und Stück für Stück, beginnend mit Unstimmigkeiten, sichtbar gemacht werden. Bewegen sich die Charaktere hier also anfangs noch auf sicherem und festem Terrain, stehen sie schon bald auf einem morastigen Untergrund. Die Hauptfigur des Films, die nach der Verheiratung nur noch Mrs. de Winter genannt wird, durchläuft dabei einen ganz eigenen Entwicklungsprozess, weil sie sich mit den Gegebenheiten im Hause ihres Mannes, der vor einem Jahr seine Frau verlor, arrangieren muss. Überdies kommt sie nicht darum herum, ihre Furcht, nicht so viel wie die Vestorbene bieten zu können, abzulegen. Doch hilft ihr dabei weder Haushälterin Miss Danvers, für die die verstorbene Ehefrau offensichtlich ein perfekter Mensch war, noch das mysteriöse Ambiente des Anwesens, das einen unsicheren Typus von Individuum, so wie die junge Frau einer ist, schnell mal in einen Zustand des Wahnsinns treiben kann. Trotz dieser beschriebenen unbekömmlichen Lage, in der sich die nicht mit einem Vornamen versehene Hauptfigur befindet, darf man nicht denken, dass REBECCA noch viel weiter in die Kiste der Bausteine für Geistergeschichten greift. Das ist auch besser so, weil der Thriller allerhöchstens auf mentaler Ebene eine Spukstory erzählt.

Wie durch die Bildkomposition und Kameraperspektiven das ohnehin schon ziemlich große Haus noch größer wird, zeigt sich an mehreren schönen Szenen, die sich kurz nach dem Einzug der neuen Ehefrau ereignen. Neben einer Vielzahl an totalen und halbtotalen Einstellungen fallen einem zwei Aufnahmen ins Auge, die das luxuriös eingerichtete Haus zu einem überdimensionierten Ort machen. Während die längere Szene eines Abendessens einen gar nicht kleinen Tisch und das an ihm sitzende frisch verheiratete Paar winzig wirken lässt, weil die Kamera aus erhöhter Position sehr weit zurückfährt, spiegelt sich in der kurzen Szene, bei der die Hauptfigur vor einer ungeheuer in die Höhe schießenden Tür steht, deutlich der Konflikt zwischen Person und Raum wieder, der das Eheglück sowie die seelische Verfassung der Protagonistin gefährdet. Einen weiteren Punktgewinn für die Unheimlichkeit fährt die schon erwähnte Miss Danvers ein, mit der die zweite Mrs. de Winter im Verlauf noch einige psychologische Auseinandersetzungen haben wird, weil Denvers Manipulationsmethoden von vorsätzlichen Schwindeleien bis hin zu Anstiftung zum Suizid reichen. Doch schon am Anfang führt Chefhaushälterin Danvers ein gemeines Spiel mit der Unsicherheit der Neuen, als sie diese zur Tür des Zimmers der Verstorbenen begleitet und dieses als eine Art Heiligtum überhöht.

Des Weiteren fühlt sich die neue Ehefrau im aristokratisch-häuslichen Umfeld fremd, reagiert auf die Bediensteten deshalb mit spürbarer Aufregung und auf die Verteilung der Räume mit Überforderung, was die Orientierung betrifft. Zusätzlich fühlt sich selbst ihr Ehemann nicht gerade pudelwohl in dem Anwesen, weil er meint, der Geist seiner ersten Gattin beherrsche den Wohnraum. Obwohl es kleinere Streitereien gibt und später Unstimmigkeiten hinzukommen, welche die Beziehung auf die Probe stellen, hängt man sich zuerst recht beruhigt an den Gedanken, dass das Dickicht des Mysteriösen, welches beide irgendwie umschlingt, dafür verantwortlich sein wird, dass sie an sich festhalten werden. Zusammen gegen die Illusionen, Erzählungen, Rätsel und Lügen der Vergangenheit. Kritisch wird es erst, als der reiche Aristokrat seiner Partnerin eine andere Geschichte über den Tod seiner ersten Ehefrau berichtet - eine Geschichte, die ihm ein langes Absitzen hinter Gittern bescheren könnte.

Das schwierige psychische Klima ist aber natürlich nur so aufregend, wie es ins Bild übersetzt und visuell geformt wird. Hier wurde dann auch bereits mit der Wahl der Schwarz-Weiß-Optik ein wichtiger Grundstein gelegt. Ferner präsentiert Hitchcock durch die Melange von melodramatischer Spannung und Gothic-Elementen eine Stimmung, die nicht selten zwischen Romantik und Beklemmung pendelt. Hitchcock macht es größtenteils so gekonnt, dass er auf allzu viele Dialoge verzichten kann, da die Aussagen selbst im Bild enthalten sind und keiner weiteren Kommentierung bedürfen. Insofern verfehlt der häufige Einsatz von Musik, die zu vielen dramatischen Orchesterklängen neigt, manchmal nicht bloß seine Kraft, vielmehr entreißt er durch seinen deplatzierten Charme den Bildern auch das Recht, allein und für sich zu stehen.

REBECCA war Hitchcocks erste Regie-Erfahrung in Hollywood und seinem System. Weil er aus England andere Arbeitsmethoden gewohnt war, musste er sich umstellen und sich nach den Wünschen des Produzenten David O. Selznick (VOM WINDE VERWEHT, EIN STERN GEHT AUF) ausrichten, der ihm seinen Start in den USA nicht gerade leicht machte. Beispielsweise wollte Hitchcock die auf einem Bestseller von Daphne du Maurier basierende Geschichte inhaltlich und figurentechnisch umgestalten, wie er es schon mit einer Vorlage für DIE 39 STUFEN tat, doch ließ Selznick es nicht zu, dass ein Erfolgsroman einer radikalen Abänderung zum Opfer fiel, womit Hitchcock dazu angehalten war, ein mit Selznicks Vorstellungen kompatibles Skript einzureichen. Mit dem Wissen über die einschneidende Einmischung des Produzenten ist der Film im Zusammenhang mit den vorangegangenen Werken des Regisseurs auch viel verständlicher, da man sich ansonsten darüber wundern könnte, warum die Spuren eines Hitchcock niemals wirklich klar werden und sich stets in Gefahr befinden, vollkommen aufgelöst zu werden. Doch auch wenn REBECCA aufgrund des angespannten Arbeitsverhältnisses mehr Auftragsarbeit denn künstlerische Vision ist, wäre es weder gerecht, den Film als minderwertig, noch Hitchcock als Marionette zu bezeichnen. Denn für solche klassifizierenden Einkreisungen ist der Film definitiv viel zu gut.

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