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Salem's Lot (1979)

SALEM'S LOT
(Brennen muss Salem)
Regisseur: Tobe Hooper
USA 1979

Viele sehen in Tobe Hooper einen Regisseur, der nach seinem THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE (1974) nur noch einige wenige annehmbare bis gute Filme drehte, aber ansonsten zum Opfer einer brutalen kommerziellen Maschinerie wurde und irgendwann in der Versenkung bzw.  der TV- und Direct-to-VHS-Hölle verschwand. Ganz böse Zungen betrachten ihn gar abschätzig als One-Hit-Wonder, der bis auf seinen berüchtigten und über die Genregrenzen hinaus einflussreichen BLUTGERICHT IN TEXAS überhaupt gar keine relevante Schöpfungsleistung mehr in seiner Filmografie vorzuweisen hätte. Man sollte jedem seine Meinung lassen, aber ich halte die harschen Bewertungen von Hoopers Œuvre für grundlegend falsch. SALEM'S LOT funktioniert als exemplarischer Titel für eine konträre Haltung deshalb so gut, weil er nicht bloß eine Sternstunde des amerikanischen Fernsehens war, sondern weil der Vampirfilm der Achtziger seinen Einfluss in sich trägt. Titel wie FRIGHT NIGHT (1985) oder LOST BOYS (1987) zehren eindeutig von dessen Errungenschaften und ich möchte sogar behaupten, dass er das Interesse am Blutsaugerthema in den USA neu entfacht hat, was später in den Neunzigern im Erfolg der TV-Serie BUFFY - THE VAMPIRE SLAYER (ab 1997) seinen vorläufigen Gipfel erreichte. Von Bedeutung zeigte sich SALEM'S LOT auch für King-Verfilmungen, von denen es bis dato übrigens nur eine gab: CARRIE (1976). In den nächsten Jahrzehnten folgten dann nämlich so einige TV-Adaptionen als zwei- oder mehrteilige Filme, wobei IT (1990) sicherlich zum erfolgreichsten, beliebtesten und der Qualität von SALEM'S LOT am Nahe stehendsten Projekt aus der Auswahl gehört.

Die Geschichte beginnt mit einem sehr kurzen Prolog, in dem ein Mann und ein Junge in einer Kirche besonderes Wasser in Fläschchen abfüllen. Ein paar Momente später schwenkt der Film in die Vergangenheit und wir sehen die Ereignisse, die sich zwei Jahre zuvor im kleinen US-Städtchen Jerusalem's Lot zugetragen haben, dem Handlungsort des eigentlichen Plots. Der Schriftsteller Ben Mears kehrt nach vielen Jahren Abwesenheit in seine Heimatstadt zurück, um Inspirationen für sein neues Buch zu sammeln. Dieses soll vom Marsten-Haus handeln, welches auf einem Hügel über die Stadt wacht. Ben glaubt, dass das Anwesen vom Bösen besessen ist und erinnert sich immer wieder an einen schrecklichen Vorfall aus seiner Kindheit, den er im Haus hatte. Eigentlich möchte er die Immobilie sogar kaufen, doch muss er erfahren, dass ein gewisser Richard Straker es sich vor ihm unter den Nagel gerissen hat. Dieser wirkt recht geheimnisvoll, ist neu in der Stadt und bereitet sich auf die Eröffnung seines Antiquitätenshops vor, welchen er mit Kurt Barlow betreiben will, einem Fremden, den noch niemand aus der Stadt gesehen hat. Kurz nach der Ankunft von Ben Mears, dem die Sache mit den Antiquitätenhändlern ziemlich stinkt, passieren unheimliche Vorfälle: Menschen verschwinden, werden mit seltsamen Abdrücken am Hals vorgefunden oder sterben aufgrund von rätselhaftem Blutmangel. Bald ist allen Beteiligten klar, dass Kurt Barlow nicht am Verkauf von altem Krempel interessiert ist

Richard Straker braucht nicht viel zu sprechen in dem Film, um sich als Schurken zu enttarnen. Seine Blicke und seine wenigen Sätze reichen eigentlich aus, die Kamerapositionen und die Lichtsetzung tun jedoch ebenfalls ihren Beitrag. James Mason verkörpert den Händler mit einer stoischen Gelassenheit und reagiert stets wie jemand, der seiner Sache sicher wäre. Auf der Gegenseite finden wir den Schönling David Soul, berühmt als Ken Hutchinson aus der Serie STARSKY & HUTCH (ab 1975), der den Romanschreiber Ben mimt und schnell mit der attraktiven Susan anbandelt. Allerdings ist man sich nicht sicher, ob für das flotte Zusammenkommen nun sein Äußeres oder die Tatsache, dass Susan eines seiner veröffentlichten Bücher scheinbar toll findet, den ausschlaggebenden Beitrag geleistet hat. Jedenfalls kann auch diese Romanze Ben nicht davon abbringen, dem Marsten-Haus, welches er zu jeder Zeit aus seinem Hotelzimmer beobachten kann, Vertrauen zu schenken. Das Haus ziehe das Böse an, sagt er einmal. Warum also auch ihn? Der Film wird den Protagonisten dennoch nicht hinterfragen. Er wird die Klarheit einer Dualität nicht aufgeben, die feste moralische Struktur nicht gegen das Verschwimmen eben dieser eintauschen. Selbst im 183-minütigen TV-Cut, auf die sich diese Besprechung bezieht, finden sich unabgeschlossene Subplots, unmotivierte Anspielungen und Aussprechungen ohne inhaltliches Fazit. An den erzählerischen Unebenheiten kann man sich reiben oder diese als der Atmosphäre dienende Zufälligkeiten verstehen, die die Unheimlichkeitstextur der Geschichte erweitern.

Dass es diese Unebenheiten gibt, ist eine Folge der Produktionsumstände. Für das amerikanische Publikum sollte nämlich eine TV-Fassung und für den europäischen Markt eine Spielfilmversion gemacht werden, wobei letztere zwar kürzer ausfallen, jedoch einige explizitere Szenen enthalten sollte, die man Hinz und Kunz vor der heimischen Glotze nicht aussetzen wollte. Des Weiteren war es auch mitten in der Produktion nicht klar, wie lange der TV-Cut eigentlich gehen würde. Letztlich wurde der Film als Zweiteiler im Kabelfernsehen ausgestrahlt, worüber sich Stephen King nicht ganz erfreut zeigte, wollte er doch seine künstlerischen Leistungen auf der großen Leinwand sehen. Irgendwann wurde sogar eine knapp zweistündige Schnittfassung auf dem Videomarkt veröffentlicht, die von nicht wenigen Menschen, darunter auch King, als stärkste Version benannt wird. Ich maße mir nicht an, an der Wirkung dieses Cuts zu zweifeln, allein weil ich ihn nie gesehen habe. Doch einen großen Teil des Zaubers von SALEM'S LOT machen eigentlich die immense Lauflänge und das beständig langsame Tempo aus, das uns die Stadt, seine Bewohner und sein Haus auf dem Hügel fühlen lässt. Die Regie von Tobe Hooper soll damit jedoch nicht heruntergespielt werden. Nach den blutigen und exzessfreudigen THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE und EATEN ALIVE (1976) musste sich Hooper hier mit einer zarten und sanft steigenden Gewaltkurve zufriedengeben, die es selbst in einer Laufzeit von über drei Stunden nicht einmal wagt, kräftig nach oben auszuschlagen. Immer wieder macht sich deshalb die Machart alter Schule bemerkbar, die den Affekt dem Effekt vorzieht, Nebelmaschinen den Mordwerkzeugen, bedächtigen Bewegungen den rennenden Füßen. Selbst der Obervampir Kurt Barlow ist nur ein optisches Update von Graf Orlok, dem Ungeheuer aus Murnaus NOSFERATU (1922). Die Idee, von der literarischen Vorlage von King abzuweichen und Barlow nicht als einen mit Manieren ausgestatteten Vampir zu zeichnen, sondern als Wesen der Zerstörung und Inhaber einer indifferenter Natur, kam scheinbar vom Produzenten Richard Kobritz. Es dürfte einer dieser seltenen Vorfälle sein, in der die Einmischung eines Produzenten ein Werk in interessantere Gefilde stoßen konnte. Denn eine Vermenschlichung des Vampirmythos hätte dem Film die Würde des Irrationalen und Schrecklichen genommen, auf die BRENNEN MUSS SALEM (deutscher Titel) viele Minuten lang gepocht und den Zuschauer vorbereitet hat. Verlagerungen, tonale Änderungen, zeitliche Distanzen und sonstige Brüche haben eigentlich keiner mehrteiligen TV-Produktion gut getan, die sich auf Stephen King bezog. Besonders in den schwach umgesetzten STORM OF THE CENTURY (1999) und THE LANGOLIERS (1995) wird das deutlich, doch auch der zweite Teil des Clown-Horrors IT vermag es nicht mehr, die Faszination der ersten Hälfte zu repetieren. Der Streifen von Tobe Hooper ist jedoch wie eine Kleinstadt: überschaubar und gut auszurechnen. Darin liegt sein Wert, sein atmosphärischer Refrain.

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