Ad Code

Responsive Advertisement

KKKK 90: Clerks (1994) & Event Horizon (1997)

KKKK 90

KultKanonKlassikerKritikerliebling 

In der Reihe KKKK 90 befasse ich mich mit in den 90ern erschienenen us-amerikanischen Produktionen, die Rang und Namen haben. Einige habe ich schon seit 15 Jahren nicht mehr gesehen, manche noch gar nicht. Und dann gibt es ja auch noch die, die man am liebsten eigentlich gar nicht sehen möchte. Diese Neunziger sollen ein komisches Jahrzehnt sein und, glaubt man der Masse der Cineasten, sogar angeblich das schlechteste, nicht zuletzt aufgrund der Ideenlosigkeit des US-Kinos, den schlecht gealterten Effekten, den pseudoschlauen Augenzwinkereien etc.

CLERKS
(Clerks - Die Ladenhüter)
Kevin Smith, 1994

An seinem freien Tag wird Dante Hicks beordert, für einen kranken Kollegen die Stellung in einem kleinen Mischwarengeschäft zu halten. Sein Arbeitstag wird sich am Ende als gar nicht mal unspannend erweisen. Er theoretisiert etwa mit seinem besten Kumpel Randal ausgiebig RETURN OF THE JEDI, spielt Hockey auf dem Dach, schaut einem Kunden beim Aussuchen der richtigen Eier zu oder findet heraus, dass seine Freundin 37 Schwänze im Mund hatte.

CLERKS wird nachgesagt, als Auffangbecken für die emotionalen Zustände und Verwirrungen einer Generation weißer Jungerwachsener zu stehen. Dabei dockt er verschiedene Subkulturen und Strömungen an, denen er nicht bloß nur kurz zulächeln will. Im Gegensatz zu reinen Kommerzprodukten, die am liebsten alle Zuschauergruppen unter ein Dach bringen würden, ist die Haltung des Regisseurs Kevin Smith von blanker Authentizität gezeichnet. Die Twentysomethings, die Stoner- bzw. Slacker, die Nerds und alle, denen die aalglatten Studioproduktionen damals auf den Sack gingen, fanden in Smiths Erstling eine Erlösung. Ästhetisch fällt der in Schwarz-Weiß gedrehte Film allerdings kaum auf, seine größten Inszenierungsposen erschöpfen sich dann auch in gelegentlichen Schwenks und einer Sequenz im Cartoonlook. Die emotionalen Zugangspunkte sind deshalb mehr in den Dialogen und Situationen zu finden, wobei man dem Schein des Realismus nicht auf den Leim gehen sollte. Denn ähnlich wie ein David Mamet legt Smith den Schauspielern gerne Sätze so in den Mund, wie sie im normalen Alltag kaum ein Mensch gebrauchen würde. Gestelztes und Realistisches finden zu einer Einheit zusammen, die durchaus in einer Linie mit anderen Werken des amerikanischen independent cinema jener Zeit steht. Selbst wenn Leute also, die sich heute in ihren zarten Zwanzigern befinden, verblüfft oder verarscht fühlend fragen, was dieser Film mit ihnen zu tun hätte - CLERKS  kann sich immerhin auf die Fahne schreiben, das alternative Kino der Neunziger ein Stück weit mitgeprägt zu haben. Mich spricht er auch nicht mehr an, aber ich akzeptiere seine Meriten.


EVENT HORIZON
(Event Horizon - Am Rande des Universums)
Paul W. S. Anderson, 1997

Ein Raumschiff wird im Jahr 2047 zu einer Rettungsmission geschickt, um sich die sieben Jahre lang verschollene und plötzlich wieder aufgetauchte Event Horizon näher anzuschauen. Dieses Raumschiff verfügte über die Technik, ein schwarzes Loch herzustellen, um astronomische Distanzen in kürzerer Zeit zurücklegen zu können. Irgendwas muss damals anscheinend schief gegangen sein. Als das Rettungsteam dort ankommt, findet es Anzeichen eines Massenmords. Das bleibt jedoch das geringste Übel, denn was schwerer wiegt, ist die Tatsache, dass das Raumschiff in der Lage ist, mit der Psyche eines jeden Crewmitglieds zu spielen und es für seine Zwecke zu manipulieren.

Im späteren Verlauf bietet es sich sogar an, das Schiff als Transportmittel in die Hölle zu interpretieren. Die Bilder, die Regisseur Paul W. S. Anderson einem dafür anbietet, scheinen da deutlich an HELLRAISER angelehnt zu sein. EVENT HORIZON formuliert überdies eine Fortschrittskritik, die gar nicht so abwegig ist. Wenn der Mensch bereit ist, jeden Winkel des Universums abzumessen, um seinen Erkundungsgeist zu befriedigen, muss er nicht möglicherweise damit rechnen, irgendwann auf die Hölle zu stoßen? Den Begriff Hölle muss man dabei selbstredend nicht wörtlich nehmen. Im Kontext des Films reicht schon die Befühlung psychischer Zustände der Protagonisten, die von Visionen terrorisiert werden. Diese ernähren sich von Geheimnissen, Schuldgefühlen und Ängsten der Crewmitglieder, welche nicht stark genug sind, um sich nicht von den Erscheinungen manipulieren zu lassen. Einer von ihnen möchte sich sogar ohne Anzug in den Weltraum schießen lassen, so besessen und verzweifelt ist er. Thematisch guckte man viel von Filmen wie ALIEN, THE SHINING sowie SOLARIS ab und band diese Inspirationen in eine zum Teil drastische und stringente Ästhetik ein. Das Schiffsinnere der Event Horizon verbindet dabei wunderbare Ausstattung mit einem sinisteren Look, der ihrer auratischen Bösartigkeit visuell in die Hände spielt. Wenn man EVENT HORIZON als creepy bezeichnet, darf man nicht vergessen, dass er dabei auch wunderbar campy ist. Schon früh sahen Kritiker in dem an der Kasse gefloppten Sci-Fi-Horror einen Hochglanztrash, der sympathisch an seiner eigenen Ernsthaftigkeit scheitert. Wer weiß schon, was man für einen Film sehen würde, wenn das Studio ihn nicht um mindestens eine halbe Stunde kürzen ließe und die Rohaufnahmen nicht verschwunden wären. Der Mär, dass dadurch die Zeichnung einzelner Figuren, speziell der Charakter des überforderten Sam Neill, in einer Langfassung gelungen wäre, schenke ich keinen Glauben. Außerdem: Ich mag ihn so, wie er ist.

Kommentar veröffentlichen

0 Kommentare