(Verdammt zu leben - Verdammt zu sterben)
Regisseur: Lucio Fulci
Italien 1975
Existieren Filme aus der Hauptschaffensphase Fulcis, die ein wenig positiv und wenigestens halbwegs humanistisch sind? Immerhin geht es hier um den Mann, der uns den Brutalismus von übers Ziel hinaus schießender Männlichkeit vor Augen führte (DAS SYNDIKAT DES GRAUENS), in den apokalyptischen Wahnsinn entführte (EIN ZOMBIE HING AM GLOCKENSEIL) oder uns räudigsten Nihilismus vorsetzte (WHEN ALICE BROKE THE MIRROR). Wenn man an Filme von Lucio Fulci denkt, kommen einem Begriffe wie Selbstlosigkeit, Solidarität oder Hoffnung nicht gerade zuerst in den Sinn. Doch dann gibt es da ja noch VERDAMMT ZU LEBEN - VERDAMMT ZU STERBEN, der sich bis in den Mittelteil hinein genau so verdorben, dreckig und zynisch gibt wie die bekanntesten Exploitationer des Italieners. Dann gefällt es ihm aber plötzlich doch Hoffnungsstrahlen auszusenden und den Protagonisten den Akt der Rache erfolgreich ausführen zu lassen. Die Welt, wie sie der Film darstellt, ist zwar ein gefährlich-kühles Terrain, mit Gegenspielern, die sich weder vom Tod noch vom Teufel die Butter vom Brot nehmen lassen wollen, aber sie wirkt aufgrund ihrer Liebe zum Leben auch wieder sehr differenziert, geradezu unentschlossen.
Mit Fabio Testi in der Rolle des Stubby Preston, der überhaupt kein typischer Revolverheld ist, gelang dem Regisseur übrigens ein richtiger Glücksgriff. Etwas, das ihm für seinen letzten Western SELLA D'ARGENTO dann leider nicht mehr glückte. Giuliano Gemma spielte dort die Hauptfigur und war offenkundig doch sehr überfordert. Bemerkenswert ist des Weiteren natürlich auch Tomás Miliáns Darstellung der Figur Chato, die unüberraschend viele Charakterattitüden vereinigt, mit denen Milián durch zahlreiche Schurkenrollen in Kriminalfilmen bestens vertraut war. Die Regie selbst ist es dann aber, die I QUATTRO DELL'APOCALISSE ins Reich der feuchten Cineastenträume hebt. Wenn Bunny das Kind bekommt und die Männer aufhören zu tratschen, weil sie das Geschrei des Babys wahrnehmen, fliegt die Kamera etwas hoch, bewegt sich bisschen weg, um die kleine Ortschaft besser zu überblicken. Man könnte man meinen, dass die Zeit für einen kurzen Augenblick still steht. Die Männer, die kurz zuvor noch infantil darauf gewettet haben, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird, halten allesamt plötzlich ihre Münder. Nie war die Kamera bei Fulci am Künstlerischsten als in den Siebzigern.
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