Seinfeld
USA, 1989 - 1998
Umfang: 9 Staffeln (180 Episoden)
Genre: Komödie
Idee: Larry David, Jerry Seinfeld
Jerry
Seinfeld ist ein Stand-Up-Comedian und lebt in New York. Zusammen mit
seinen Freunden George Constanza, Elaine Benes und Cosmo Kramer muss er
sich durch Alltagsprobleme verschiedener Art durchschlagen.
Serien können oft von ihrem Entwicklungspotenzial profitieren, etwa
dann, wenn sie nicht als feste, unbewegliche Masse angesehen werden und
die richtigen Leute die Verantwortung haben. So war das auch bei der
Sitcom SEINFELD, die in der dritten Staffel einige neue Ansätze erkennen
ließ, ohne das bereits formulierte Programm, welches man in den ersten
beiden Staffeln betrachten konnte, über Bord zu schmeißen. Das bezieht
sich ganz konkret auf die Charaktere, die an Jerry Seinfelds Seite
agieren und nun aufgrund der engeren Typisierung einen individuelleren
Eindruck machen, zumindest innerhalb des Quartetts. Elaine, gespielt von
Julia Louis-Dreyfus, verhält sich schrulliger, und der von Jason
Alexander verkörperte George mutiert schneller zum Choleriker. Doch die
schönste Überraschung ist Cosmo Kramer, diese nicht selten
überkandidelte Person, die gegenüber Jerry wohnt. Endlich hat man aus
ihm mehr gemacht, als nur einen Typen, der, meistens unbestellt, in
Jerrys Wohnung hereinspaziert, um wieder über seine neuen bizarren Ideen
zu sprechen oder seine Freunde durch einen dummen Spruch oder eine
blöde Aktion in Verlegenheit zu bringen. Mich macht diese Veränderung
auch deshalb so munter und glücklich, weil genau dieser Punkt auf meinem
Wunschzettel stand. Kramer taucht in der dritten Staffel also nicht
mehr ständig als eine erkennbare Nebengestalt und ein drolliger
Pausenclown auf, der bloß da ist, um seine Nummer zu machen und danach
wieder abzuziehen. Diese Integration von Cosmo Kramer bleibt nicht ohne
positive Auswirkung, schließlich trägt dessen intensivere Beteiligung
auch zu einem Mehr an Chaos bei.
Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass die Umschreibung Mehr an Chaos
im Seinfeld-Kontext sich auf etwas bezieht, was das Lacherkonto
meistens fördert. Kaum etwas ist an dieser Serie anregender, als die
Gewissheit, Menschen zusehen zu können, die sich an irgendwelchen Haken
des sogenannten normalen Lebens verfangen und damit Situationen
entstehen lassen, die zu vielen chaotischen Augenblicken führen. Gerade
deshalb nimmt jede Folge erst dann Fahrt auf, wenn die Figuren den Griff
des Absurden spüren und ihre Befreiung planen. Und je öfter und je
extremer die Charaktere Berührungen mit absurden Elementen machen, desto
mehr Stimmung herrscht vor. Sowohl auf dem Bildschirm wie auch auf dem
gemütlichen Möbelteil vor dem Bildschirm. Dennoch verkauft sich das Team
in erzählerisch schlichteren Episoden nicht nur unter Wert, wie
beispielsweise eine Folge zeigt, in der George Constanza eine Frau
kennenlernt, die nach seiner Meinung zwar perfekt zu ihm passe, aber
deren Nase nicht optimal aussehe. So überredet er sie schließlich
trickreich, ihre Nase zu operieren. Pech für George, dass die
Schönheitsoperation nicht glattgeht und ein Schuss in den Ofen ist. Erst
einen späteren Eingriff kann George als ästhetischen Fortschritt
registrieren, aber zu diesem Zeitpunkt ist die Beziehung bereits kaputt,
weil ihm die äußeren Werte viel wichtiger waren, als die inneren.
George, der für seine Aktionen in dieser Staffel wohl eine eigene
Besprechung wert wäre, bleibt weiterhin ein großer Pessimist, der eine
Niederlage nach der anderen einstecken muss. Die Schreiber der
Drehbücher haben es besonders auf ihn abgesehen und lassen ihn hier von
einer Pfütze in die andere rennen. George versucht sich als
Autoeinparker, als Pulloververschenker, als Tatsachenerzähler, als
Garagenpinkler, und scheitert, wie Männer der Spezies Pechvogel in
solchen Formaten eben so scheitern. Auf der Suche nach zwei bestimmten
Dingen, die sein Leben verändern sollen (Job und Freundin), bremsen ihn
ständig verschiedene Dinge aus, die kaum kalkulierbar sind - womit
SEINFELD abermals unterstreicht, dass nicht die Absicht vorliegt, eine
analytische Charakterstudie im Gewand einer Unterhaltungssendung zu
sein. Die bisherige Formkurve der Serie kann sich sehen lassen und ich
kann mir nur schwer ausmalen, wie viele großartige Passagen noch auf
mich warten. Neben der ersten Doppelfolge der Serie (DER NEUE FREUND),
in der Jerry Seinfeld auf den Baseballspieler Keith Hernandez trifft
(der sich übrigens selbst darstellt), gab mir AUF DER FALSCHEN SEITE am
meisten das Gefühl, dass es keine Zeitverschwendung ist, sich die
gesamte Serie anzuschauen. These pretzels are making me thirsty.
Was für ein wunderbarer Spruch - besonders, wenn er aus dem Mund des
andauernd angeschlagenen George Constanza kommt, mit dem man fast schon
Mitleid haben kann.
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