The Sopranos
USA, 1999 - 2007
Umfang: 6 Staffeln (86 Episoden)
Genre: Drama
Idee: David Chase
Tony Soprano ist ein Mafioso aus New Jersey und entschließt sich,
nachdem er von Panikattacken heimgesucht wurde, zu einer Psychiaterin zu
gehen. Neben den persönlichen Sorgen treten auch immer wieder
Schwierigkeiten mit Leuten auf, die seinen Mafiakollegen und ihm den
Platz streitig machen wollen oder Gelder nicht pünktlich zahlen. Und
dann hat Tony ja noch seine andere Familie, seine Frau, seine Tochter
und seinen Sohn.
Mit durchgehend hoher Konsistenz hinsichtlich Charakterzeichnung und
Storyablauf glänzt DIE SOPRANOS zum ersten Mal in der dritten Staffel,
die die Serie nun endgültig von allen Verweisen auf das
Prä-Qualitätsserien-Zeitalter wegzuführen scheint. Bemängelte ich
beispielsweise noch an der ersten Staffel den doch sehr naiven Umgang
mit den Problemen des Soprano-Nachwuchses, können hier bei den Figuren
A.J. und Meadow aufgrund interessanter Wendungen auch interessante
Verhaltensmerkmale registriert werden, ohne dass diese aufgesetzt oder
konzeptlos wirken. Gerade A.J., der in den vorherigen Episoden eher wie
ein Inventargegenstand wirkte, verdient sich nun mehr Aufmerksamkeit,
weil seine Teenager-Jahre langsam zu Ende gehen und er weiterhin kopflos
wie eh und je wirkt, worüber sein Vater selbstverständlich nicht gerade
glücklich ist. Nur am Anfang gibt es für Tony Soprano noch etwas zu
lachen: Sein Sohn wird Kapitän eines Footballteams. Doch auch Meadow
kriegt sich mit ihrem Erzeuger in die Haare, weil dieser nämlich ihren
afro-amerikanischen Freund ablehnt und kein Geheimnis daraus macht. Da
Tony mit einer ziemlich simplen Interpretation der
Kriminalitätsstatistik argumentiert, kann Meadow, die mittlerweile an
der Columbia-Universität studiert und nicht mehr bei ihren Eltern lebt,
sich nicht mehr dafür begeistern, mit ihrem Vater zu sprechen, weshalb
sie eine Zeit lang den Kontakt zu ihm abbricht.
In irgendwelche neuen Richtungen haben sich die Folgen der dritten
Staffel nicht gedreht, die entscheidenden Gründe für ein Qualitätshoch
findet man daher allein bei den Drehbüchern für die Episoden, wovon vier
mit Beteiligung von David Chase, dem Erfinder der Serie, realisiert
wurden. Ihm ist es in erster Linie auch zu verdanken, dass die Serie
exzellent startet. Dabei hätten die erste und die zweite Folge
verschiedener kaum sein können. Der Auftakt behandelt mit frecher
Inszenierung noch die Versuche des FBI, das Haus der Sopranos zu
verwanzen. Während der nichts ahnende Tony Soprano also auf der Arbeit
ist, nimmt ein Team sich den Keller vor, in dem der Mafiachef gerne
private Vieraugengespräche mit seinen sinisteren Kollegen führt. Während
diese sehr viel Dynamik ausstrahlende Episode ironisch aufgeladen ist,
dreht sich die nachfolgende um einen Trauerfall, der von den Personen
allerdings dann doch eher differenziert betrauert wird, wie es sich nach
und nach zeigt. Hierbei benutzt DIE SOPRANOS die in solchen Momenten
häufig benutzte Struktur der Selbstenthüllung, bei dem einer etwas
ausspricht, was allen Anwesenden auf dem Herzen liegt, aber durch die
gesellschaftlich entstehenden Vorgaben zurückgedrängt wird. In diesem
Fall wissen die Beteiligten zumindest alle nicht so recht, ob sie um die
Mutter von Tony Soprano auch wirklich trauern sollen. Muss man den Tod
eines Menschen betrauern, wenn man ihn während seiner Lebenszeit kaum
ausstehen konnte?
In den restlichen Episoden stechen vor allen Dingen die Aktivitäten bei
den Mafiosi heraus, die sich immer weniger einig werden. Umso wichtiger
ist es, dass Tony niemals den Blick für die Empfindungen seiner
Mitarbeiter verliert. Er ist deshalb wohl auch nicht nur eine Art
Manager, sondern auch der Motivierer in der Organisation, der mit einem
manierlichen Auftreten und einer Prise Charisma existierende Wogen
glättet und Unstimmigkeiten in Stimmigkeiten verwandelt. Man könnte
meinen, dass an seinem Führungsstil und seinen Aktionen die Zukunft des
gesamten Unternehmens hänge, schließlich macht niemand solch einen
professionellen Eindruck, wie der etwas füllige mobster aus New
Jersey, der selbst den schnell aufbrausenden Ralphie, einen neuen
Charakter in der Serie, ruhig stellen kann. In seiner zweiten Familie
sieht es jedoch schon etwas anders aus. Die Streitereien mit seiner Frau
Carmela gehören zum festen Bestand des Familienlebens und bleiben ein
immer wiederkehrendes Phänomen, welches Tony aber, da er Affären nicht
abgeneigt ist, irgendwie mit einkalkuliert. Zwar mag er sich seiner Frau
gegenüber nicht jedes Mal clever anstellen, doch tatsächlich schweren
Konsequenzen musste er sich bisher nicht entgegenstellen.
Auffällig ist, dass der Fremdgeher, Heuchler und Rassist namens Tony
Soprano nun schneller zu reizen ist und einen strengeren Ton an den Tag
legt. Natürlich war er noch nie ein Typ, bei dem man schnell den
Verdacht hatte, dass er sich doch bestimmt heimlich SAILOR MOON anschaue
und dort der Protagonistin im Kampf um Liebe und Gerechtigkeit die
Daumen drücke, doch in der dritten Staffel verliert Tony in meinen Augen
ein paar Prozentpunkte von seiner Kuschelidentität. Anders ausgedrückt:
der Chef wird böser und zorniger. Dies stellt aber nicht eine
Verschlechterung dar, sondern ganz im Gegenteil die Abrundung des
gesamten Konzepts.
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