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Literatur: Lord of the Flies

LORD OF THE FLIES
William Golding

(Herr der Fliegen, 1954, Englisch)

Wurde 1963 zum ersten Mal verfilmt
Ein Flugzeug stürzt ab und die einzigen Überlebenden sind Jungs verschiedener Altersgruppen, die auf einer unbewohnten Insel landen. Erwachsene sind nicht bei ihnen, weshalb es ganz an ihnen selbst liegt, sich zu versorgen und alles, was ihr neues Leben betrifft, zu kommunizieren. Glücklicherweise wachsen genug Früchte auf der Insel, was zumindest die Sicherstellung einer Ernährung garantiert. Außerdem rennen auch Schweine im Waldteil herum, die eine Abwechslung versprechen, wenn man es schafft, einen von diesen Tieren zu erlegen. Ein wahr gewordener Jungstraum scheint das zu sein und das Buch fängt auch tatsächlich wie ein harmloser Abenteuerroman an, bei dem sich zunächst kleine Gruppen zusammenfinden und dem Signal eines Schneckenhorns folgen. Dieses führt sie zu Ralph und Piggy, zwei Hauptfiguren des Buches, die eine weiße Muschel gefunden haben. Bei der Versammlung kommt es auch zur Wahl eines Anführers, die Ralph dank seiner Muschel für sich entscheiden kann, auch wenn das Jack, einem älteren Jungen und einer weiteren Hauptfigur, nicht schmeckt.

Doch das heile Bild von einer paradiesischen Insel und unschuldigen Kindern bröckelt nicht bloß, es wird schon in den Anfangskapiteln gegen ein düsteres Porträt ausgetauscht, das mit dem Verlauf eine immer hässlichere Farbe bekommt. Piggy, der etwas mehr auf die Waage bringt, Asthma hat und ohne seine Brille so gut wie nichts sehen kann, wird schnell zum Ziel von Spott und Hohn. Sein großes Glück besteht darin, dass Anführer Ralph mit der Muschel ein Instrument demokratischer Ordnung und damit die Möglichkeit einer freien Meinungsäußerung etabliert. Wer sprechen will, muss um die Muschel bitten. Wer spricht, der darf nicht unterbrochen werden. Die Jungs unterwerfen sich zwar nicht komplett dem einfachen Reglement, aber grob gesehen läuft die Kommunikation anfänglich verblüffend gesittet ab. Diese demokratischen Verhältnisse kippen aber langsam. Zum ersten Streit kommt es, als Jack mit einigen anderen Jungs jagen geht, anstatt auf das Feuer aufzupassen, das als Zeichen für vorbeikommende Schiffe dient. Ralph und Piggy ärgern sich über das gewissenlose Verhalten der Jungs daraufhin deshalb so sehr, weil sie zuvor ein Schiff bemerkt haben, welches eventuell den Rauch hätte sehen können, wenn das Feuer nicht ausgegangen wäre.

"Ralph wept for the end of innocence, the darkness of man's heart, and the fall through the air of the true, wise friend called Piggy." *

Die langsame Umwandlung einer Demokratie in ein Ein-Führer-System beginnt sichtbar mit der Ausnutzung von Angst und Panik durch Jack, dem das Gerede von einem Monster, das auf der Insel herumschleichen soll, dabei hilft, die Mehrheit der Jungs für das Jagen zu begeistern. Das Feuer auf dem Berg schenkt niemandem Beglückung und wird deshalb vernachlässigt und ignoriert. Das Versprechen einer Lösung gegen das Monsterproblem zieht die meisten Kinder mehr an, als der trockene sowie überlegene Verstand von Piggy und die ruhige Art von Ralph, die beide die Probleme so lösen wollen, wie es nach ihrer Meinung auch Erwachsene tun würden. Mit HERR DER FLIEGEN gelang Golding ein fantastisch zu lesendes Buch, das sich mit einer Art fiktionalem Experiment damit beschäftigt, was unsere durch die Erziehung internalisierten Werte eigentlich bedeuten, wenn die Faktoren der Zivilisation verschwinden. Es zeigt vor allen Dingen sehr gut, dass die Transformation einer Diskussionsform in eine andere (namentlich die Veränderung der Demokratie in die Diktatur bzw. den Totalitarismus) zuerst schleichend stattfindet und sich später plötzlich in aller Deutlichkeit bemerkbar macht. Die Vorzeichen einer Diktatur integrierte William Golding übrigens sehr früh in den Roman. Ein Littlun, wie jedes besonders junge und kleine Kind im Roman genannt wird, erzählt von Schlangen, die sich auf der Insel befinden sollen. Doch wenig später verschwindet der Junge für immer spurlos. Eine unerwünschte Stimme weniger.

(* "Ralph weinte über das Ende der Unschuld, die Finsternis des Menschenherzens und wegen des Sturzes des wahren und klugen Freundes namens Piggy.") [freie Übersetzung]  

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