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Taiji ga mitsuryô suru toki (1966)


TAIJI GA MITSURYÔ SURU TOKI
(ET: The Embryo Hunts in Secret)
Regisseur: Kôji Wakamatsu
Japan 1966

Radikaler Antinatalismus

Eine Frau und ein Mann haben sich kennengelernt und wollen die Nacht bei ihm verbringen. Erotik liegt in der Luft, man meint sogar, sie anfassen zu können. Doch in seiner Wohnung fesselt der Mann die Frau dann ans Bett, peitscht sie aus, fügt ihr Schmerzen zu und demütigt sie auch verbal. Was ihr einfalle, einfach mit einem fremden Mann, den sie kaum kennt, in dessen Wohnung zu gehen. Dass sie ja doch wie alle anderen Frauen sei. Je weiter der Film voranschreitet, desto mehr Unsicherheiten und tragische Perspektiven kehrt der Mann nach außen. Bald versteht man, dass das verstörend-aggressive Verhalten und die menschenfeindlichen Entgleisungen von einer tief erschütterten Psyche herrühren, die jetzt ihren Tribut fordert. Immer wieder zeigt der Film Rückblenden, welche die Gedanken und verachtenswerten Taten einordnen, genauer gesagt sie in einem nihilistischen Weltbild verorten. Als seine ehemalige Frau ihn darauf ansprach, ein Kind bekommen zu wollen, flippte er aus, ließ sich sogar daraufhin kastrieren, um kein Leben zu zeugen. Denn er möchte nicht, dass das Kind Schmerz und Leid erfährt. Er wäre selbst am liebsten nie geboren und gibt deshalb seiner Mutter die Schuld für seine unvollkommene Existenz. Mutterkomplex, Entmännlichung, Frauenfeindlichkeit. Eine Schrittfolge, die die Demütigungen des Mannes, welche er an seinem Opfer ausbrechen lässt, erklären können. Sie sei nur eine Hündin und müsse ihrem Meister gehorchen, heißt es im letzten Akt, in welchem der Mann jedoch tatsächlich wie ein Gebeutelter da steht. Ihm scheint es nicht einmal ins Bewusstsein vorgedrungen zu sein, dass sein physisch unterlegenes Folteropfer trotz aller Beleidigungen, die es erfahren muss, auf ihn herabschaut. Den Respekt, den er versucht durch Gewalt und Einsperrung sich anzueignen, kommt nie über den Status einer Illusion hinaus. Mit THE EMBRYO HUNTS IN SECRET verknüpft Wakamatsu soziale, psychische sowie physiologische Irritationen mit den Ausdrucksformen des pink eiga und lässt diese Elemente in konsequenter Manier ein intensiv-exzentrisches Kammerspiel bilden, aus dessen Schwarzweißfotografie keine fachmännische Klugheit spricht, sondern eher eine Neugier, die den thematischen Schwerpunkten denn auch gerecht wird. Mehr als eine Kritik am Patriarchat zu unternehmen, ist der japanische Regisseur nämlich von den psychischen Untiefen seines Protagonisten gefesselt. Wie das Drehbuch diesen entblättert, um ihn langsam begreifen zu wollen, zeugt von einer in die Tiefe gehenden Auseinandersetzung. Man hätte simplifizierend ein Porträt des Bösen zeichnen können, das symbolisch für verletzte oder eitle Männlichkeit herhält. Stattdessen ist es vielmehr eine komplexe Studie über einen Mann geworden, dessen wirre Ansichten schon für sich stehend schockierend sind. Sein Nihilismus führte ihn einst in die Verdammnis, sein verbissen-radikaler Antinatalismus zwingt ihm jetzt die Sprache der Gewalt auf, um die Hölle einigermaßen lebenswert zu machen.

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