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Videospiel: Parasite Eve


  • 1998
  • Squaresoft
  • gespielt auf: PlayStation

Nachdem sich die japanische RPG-Variante mit dem Release von FINAL FANTASY VII endgültig auch im Westen durchgesetzt hat, schob Squaresoft nicht etwa ein weiteres reinrassiges Rollenspiel hinterher, sondern schenkte einem Spiel Vertrauen, welches Experimentierlust zur Schau stellte. So kombinierte man in PARASITE EVE gewohnte RPG-Elemente mit der Visualität und einigen Mechaniken eines üblichen Action-Adventures jener Zeit. Aufgrund des Horrorthemas wurde natürlich schnell die Nähe zu der RESIDENT EVIL-Reihe hergestellt, obschon es eigentlich kaum sonstige Verknüpfungspunkte gibt, weshalb sich der Vergleich nur mäßig anbietet.


Die Story wird in sechs Akten erzählt, wobei jeder Akt einen Tag darstellt. Selbst für heutige Verhältnisse ist die auf einem Roman von Hideaki Sena basierende Handlung (teilweise soll das Spiel eine Art Sequel bilden) äußerst ambitioniert und wird glücklicherweise in ziemlich sinnvollen sowie einprägsamen Kapiteln erzählt. Was zunächst als rätselhafter Vorgang beginnt, entpuppt sich als glaubwürdiges Szenario einer umfassenden Veränderung der Welt und der Menschen wie wir sie kennen. Es geht dabei nicht weniger als um Evolution, Manipulation der DNA und die Kraft von Mitochondrien. Unsere Hauptfigur ist Aya Brea, eine Polizistin, die mit ihrem Date in eine Oper geht. Zu einer gewöhnlichen Abendveranstaltung kommt es jedoch nicht, da eine der Sängerinnen plötzlich Zuschauer in Flammen aufgehen lässt. Sie nennt sich fortan Eve und ist, wie man später herausfinden wird, eine evolutionär höher entwickelte Spezies. Ein Teil der Spiellust ergibt sich deshalb natürlich aus dem Verlauf des Plots, der manchesmal von FMV-Sequenzen begleitet wird, deren Sensationsfaktor sich heute nicht mehr nachvollziehen lässt. Trotzdem holte man schon einiges aus der 32-Bit-Maschine raus und streute zum Teil sehr opulente und knackige kinematografische Kurzclips in eine Geschichte ein, die ansonsten eingebettet in eine normale Gamegrafik und mittels unvertonter Dialoge erzählt wird.


Die grafisch-ästhetische Dimension hält mit der narrativen jedoch nicht stand. Die vorberechneten Hintergründe haben eine eindimensionale Wirkung und fallen häufig leider monochromatisch aus. Außerdem verwendet das Spiel oftmals die Supertotale, was befremdlich und unzeitgemäß wirkt (im Vergleich zu ähnlichen Spielen aus der Zeit). Dass dadurch die Atmosphäre dennoch nicht flöten geht, ist zu einem nicht unerheblichen Teil Yoko Shimomura zu verdanken, die einen erstklassigen Soundtrack komponiert hat, bei dem sie sich zwar auf klassische, elektronische und opernhafte Einflüsse beruft, aber doch wieder etwas komplette Eigenes erschafft. Es war sogar ihr Durchbruch, später komponierte sie unter anderem Stücke für das erfolgreiche KINGDOM HEARTS (2002) und das oft unter dem Radar laufende RADIANT HISTORIA (2010). Der größte selling point bei PARASITE EVE bleibt aber auch nach über 20 Jahren das Gameplay, welches das oft starre japanische Verständnis von einem Rollenspiel aufzubrechen wagte, um die Elemente in ein Action-Adventure zu übernehmen. Freilich sind auch hier die Gegner nicht sichtbar, sodass man zufällig nach irgendwelchen algorhithmischen Kriterien in einem Kampfmodus wechselt, doch im Gefecht selbst kann der Spieler sich frei bewegen und auf diese Weise probieren, den Attacken der Widersacher auszuweichen oder eine gute Position einzunehmen, um selbst eine Offensive zu starten. Taktisches Vermögen verlangten die Entwickler trotzdem ab und implementierten eine Active Time Bar, mit dem Ergebnis, dass der Spieler sich genau überlegen muss, welche Aktion ihn am meisten weiter bringt. Weitere Charakteristika eines Rollenspiels sind das Aufleveln des Charakters durch gewonnene Kämpfe, die Fähigkeit von Magie und eine solide Auswahl aus verschiedenen Waffen und Rüstungen (hier: Schutzwesten, Panzerwesten etc.). PARASITE EVE war schlussendlich ein innovatives Action- und Horror-RPG, das die Spielegewohnheiten unterlief und Genregrenzmarkierungen herausforderte. Die heutige Gamingindustrie strotzt heute zwar vor lauter rollenspielisierter Konzepte, damals bildete Squaresofts Perle eine Ausnahme. Eine PAL-Konvertierung des Spiels blieb aus, weshalb es mit der Popularität in Deutschland und im restlichen Europa nicht weit her ist.

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