The Sopranos
USA, 1999 - 2007
Umfang: 6 Staffeln (86 Episoden)
Genre: Drama
Idee: David Chase
Tony Soprano ist ein Mafioso aus New Jersey und entschließt sich,
nachdem er von Panikattacken heimgesucht wurde, zu einer Psychiaterin zu
gehen. Neben den persönlichen Sorgen treten auch immer wieder
Schwierigkeiten mit Leuten auf, die seinen Mafiakollegen und ihm den
Platz streitig machen wollen oder Gelder nicht pünktlich zahlen. Und
dann hat Tony ja noch seine andere Familie, seine Frau, seine Tochter
und seinen Sohn.
Das ist sie also, die Serie, der nachgesagt wird, sie habe die
Serienlandschaft geprägt, verändert, revolutioniert. 1999 bei dem
Anbieter HBO gestartet und 2007 dort erfolgreich zu Ende gebracht, geht
es in ihr um den hochrangigen Mafioso Tony Soprano, der mit seiner
Familie in New Jersey lebt und kriminellen Geschäften nachgeht. Die
Sendung startet damit, dass Tony bei einem Barbecue einen
Nervenzusammenbruch erleidet und sich daraufhin an die Psychiaterin Dr.
Jennifer Melfi wendet. Die weiß zwar, wer er ist, doch solange er ihr
gegenüber keine direkten Aussagen über begangene und geplante Verbrechen
tätigt, verspricht sie, dass alles unter ihnen bleiben werde. Mit ihr
spricht er in der ersten Folge dann auch über die Enten, jene Tiere, die
eines Tages in seinen Swimmingpool stiegen und später wieder
verschwanden, über die Beziehungen in der Familie und seine eigenen
Ängste. Da es Tony peinlich ist, seinen Mafiakollegen zu erzählen, dass
er sich regelmäßig mit einem shrink trifft, tut er natürlich
alles dafür, damit das Geheimnis um seine mentale Krise nicht bis zu
seinen Buddies vordringt. Auch seine Frau Carmela bekommt den Auftrag,
es niemandem zu erzählen, weil er sich ansonsten Sorgen um seinen Ruf
machen müsste.
Das liest sich wahrlich nicht wie eine typische Geschichte über ein
Mitglied der Mafia, doch aus der Haltung, eine solche Figur zu zeichnen,
die ständig Spagate zwischen unterschiedlichen Sphären machen muss,
zieht DIE SOPRANOS seine große Stärke. Hinzu ist Tony ein
megasympathischer Charakter, der auch mental von einem Pol zum anderen
wandert, was meistens durch die psychischen Belastungen hervorgerufen
wird, denen er ständig zum Opfer fällt. In einer verantwortungsvollen
Position beschäftigt zu sein, erfordert starke Nerven, vor allen Dingen,
wenn man zu Hause noch Kinder hat, die in einem Alter sind, in der sie
die ein oder andere kritische Frage zu viel stellen und keine Ahnung
davon haben, dass sie mit ihrem Plagegeist-Verhalten einen Menschen dazu
bringen können, nur noch mehr über sich zu zweifeln. Das fast
Abgedrehte an dieser ganzen konstruierten Handlung über einen
Familienvater, der für ein Mafia-Unternehmen arbeitet, ist eben, dass er
keinen alltäglichen und - sagen wir doch einfach, wie es ist -
anerkannten Beruf ausübt. Tony stellt keinen Zucker-Papa dar, der bloß
zwischen oftmals stressiger Arbeit und manchmal anstrengendem Heim hin
und her pendelt und ansonsten die Unschuld in Person zu mimen versucht.
Die Wahrheit sieht doch so aus, dass er ein lupenreiner Mafioso ist, der
sich seinen Wohlstand mehr oder weniger ergaunert hat.
Um noch einmal auf die erste Folge zurückzukommen: sie besticht durch
alles, was eine erste Folge einer Serie, der hohe Qualität zugeschrieben
wird, haben muss. Bei DIE SOPRANOS reicht das von einer geordneten
Übersicht des Sortiments an Charakteren über die Einführung in die
Erzählgeschwindigkeit bis hin zu einem umfangreichen Einblick in die
verschiedenen Konflikte sowie den dazugehörigen Anspielungen darauf,
welche Ringkämpfe und Debattierveranstaltungen noch ausgetragen werden
können. Ich habe bisher keine Pilotfolge einer anderen Serie gesehen,
die den Konsumenten in eine Serienwelt in so hohem Maße kompetent
einführt und ihm einen so feinen Überblick gibt, wie die von David Chase
geschriebene, produzierte und auch realisierte erste Episode, für die
er übrigens auch den Directors Guild of America Award gewann.
Pilotfolgen werfen immer Köder aus, Stückchen, die uns Zuschauer
verlocken sollen, eine Serie weiterzuverfolgen. Doch DIE SOPRANOS
gelingt es zusätzlich noch, ein Handlungsuniversum nicht nur in leckeren
Stückchen vorzustellen - vielmehr befinden sich die Stückchen bereits
in einer Masse, welche zwar noch ungeformt vor uns liegt, aber schon
einiges von ihrer späteren Struktur preisgibt. Und schließlich meistert
die Staffel es problemlos, Versprechungen aus dem Pilot einzuhalten.
Aufgrund des Images der Serie wusste ich schon vor meinem Ausflug in das
Soprano-Reich, dass ich eine gewisse Erwartungshaltung nicht würde
unterdrücken können. Doch spätestens nach den ersten vier Folgen war
diese Furcht, die Messlatte zu weit nach oben gesetzt zu haben, wieder
verflogen und wurde dann auch nie mehr gesehen. Was man in der ersten
Staffel definitiv bemerken kann, sind die Spuren des Übergangs in eine
neue TV-Welt. Gerade die Szenen mit dem Nachwuchs der Sopranos, wenn sie
in der Schule oder mit ihren Freunden gezeigt werden, als auch einige
Nebenplots im Anfangsteil, verhalten sich nämlich zum Rest recht trashig
und erinnern an Fernsehabgründe aus den Achtzigern und Neunzigern, was
der Staffel jedoch keinen Abbruch tut und aus seriengeschichtlicher
Sicht wahrscheinlich nicht belanglos sein dürfte.
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