The Sopranos
USA, 1999 - 2007
Umfang: 6 Staffeln (86 Episoden)
Genre: Drama
Idee: David Chase
Tony Soprano ist ein Mafioso aus New Jersey und entschließt sich,
nachdem er von Panikattacken heimgesucht wurde, zu einer Psychiaterin zu
gehen. Neben den persönlichen Sorgen treten auch immer wieder
Schwierigkeiten mit Leuten auf, die seinen Mafiakollegen und ihm den
Platz streitig machen wollen oder Gelder nicht pünktlich zahlen. Und
dann hat Tony ja noch seine andere Familie, seine Frau, seine Tochter
und seinen Sohn.
Tony ist wieder auf Achse und versucht, sich seine psychischen Schwächen
nicht anmerken zu lassen, schließlich hat er es fertiggebracht, dass
sein Umfeld seine Sitzungen bei einer Psychiaterin akzeptiert. Da will
man die Jungs nicht mehr mit konfrontieren müssen - aber auch nicht sich
selbst. Die Trennung von Dr. Melfi scheint Befreiungsschlag und
Belastung zugleich zu sein, kann Tony damit doch demonstrieren, dass er
alles unter Kontrolle hat, auch wenn dies in Wirklichkeit weder die
äußeren noch die inneren beeinflussbaren Sektoren betrifft. Sein Sohn
ist ihm auch keine Hilfe, der Bub hat anscheinend bisschen Nietzsche
gelesen und fühlt sich dazu befähigt, viele in der Welt als
selbstverständlich hingenommenen Werte und Vorstellungen zu hinterfragen
und den Sinn oder Unsinn des Lebens aus der Höhe großer Philosophen zu
betrachten. Auch der Haussegen hängt schief, weil es immer öfters Streit
zwischen Tony und seiner Frau Carmela gibt, die sich in einer der
späteren Folgen gar in einen Handwerker verguckt. Wird sie ihm
fremdgehen, so wie er ihr seit geraumer Zeit mit einer jungen
russischstämmigen Frau fremdgeht?
Wie schon in der ersten Staffel
deutlich wurde, setzt die Serie massiv auf Entwicklungsverlangsamungen
und zeigt sich nicht bereit, Handlungsstränge schnell abschließen zu
müssen. Dadurch gewinnt sie an struktureller Komplexität, jede Folge
weist somit einen auffällig bruchstückhaften Charakter auf, der die auf
Ergebnisse lauernden Zuschauer verärgern dürfte. Mit dem Hang zur
Ergebnislosigkeit bewiesen die Autoren der ersten Staffeln sehr viel
Mut, da eine solche Herangehensweise an TV-Serien damals nicht üblich
gewesen ist (außer bei Seifenopern), weil sie durch die Verknüpfung mit
einer Vielzahl von ambivalenten Charakteren eher an einen
vielschichtigen Roman denken ließ, als an eine den breiten Geschmack
treffende Unterhaltungsvariante. Zu den Markenzeichen heutiger
sogenannter Qualitätsserien, also denjenigen Formaten, die die
Feuilletonschreiber und - schreiberinnen regelmäßig in Ekstase
versetzen, zählt schon lange die Haltung, dass Erzähltes gedehnt gehört
und es nicht schadet, sich an einzelnen Elementen über mehrere Episoden
oder sogar Staffeln abzuarbeiten. Die Literarisierung der TV-Serie
wurde sicherlich nicht von DIE SOPRANOS auf den Weg gebracht, doch ohne
Zweifel kann man dem Format in diesem Fall einen großen Einfluss
attestieren.
Was mir in der zweiten Staffel besonders gefallen hat, ist die Lockerung
des Blicks auf die Männer, der in den ersten 13 Folgen noch relativ
fest war. Zwar setzt sich Tony nicht mehr groß mit seiner Mutter
auseinander und seine Schwester, eine der zwei neuen relevanten
Nebenfiguren, die für eine kurze Zeit im Haus seiner Familie im
Gästezimmer schläft, macht ihm auch nur anfänglich Probleme. Doch dann
gibt es noch seine Psychiaterin Dr. Melfi und seine Frau Carmela, deren
Privatleben und Gedanken relativ ausführlich beleuchtet werden.
Lustigerweise besucht Dr. Melfi selbst einen Therapeuten, weil sie
Schuldgefühle bekommt und meint, dass sie Tony nicht alleine lassen
dürfe. Als sie dann allerdings mit ihrem im kriminellen Sumpf steckenden
Patienten wieder zusammenkommt, kann man sich des Eindrucks nicht
erwehren, dass sie enttäuscht ist und die stattfindenden Treffen sie
nicht glücklicher machen. Während man Dr. Melfi eine gewisse
Abhängigkeit unterstellen kann, sieht man, wie Carmela über ihr Leben
nachzudenken beginnt und es ständig Streit zwischen ihr und ihrem Mann
gibt. Für sie hätte Tonys Schwester Janice vielleicht eine Inspiration
sein können, da sie sich verächtlich über das Machotum der Mafiamänner
äußert, doch dann geht genau diese Janice eine Liebesbeziehung mit
Richie ein, dem frisch aus dem Knast entlassenen Haudrauf-Proleten, der
ständig ein saures Gesicht macht, so als ob er Angst hätte, nicht mehr
ernst genommen zu werden.
Was die inhaltliche oder narrativ-strukturelle Qualität betrifft, mach
DIE SOPRANOS einen weiteren Schritt nach vorne. Die Hauptfigur Tony
Soprano scheint mir in vielen Dingen souveräner geworden zu sein, was sie aber nicht unsympathischer oder langweiliger macht. Auf die weitere Entwicklung der
Beziehung zwischen ihm und seiner Psychiaterin Dr. Melfi bin ich schon
besonders gespannt, da auch in der zweiten Staffel, trotz eindeutiger
Widersprüche in dem Verhältnis der beiden, Anspielungen auf eine
sexuelle Anziehung gemacht werden.
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