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Serie: Breaking Bad - Staffel 4

Breaking Bad
USA, 2008 - 2013
Umfang: 5 Staffeln (62 Episoden)
Genre: Drama, Krimi
Idee: Vince Gilligan


Der krebskranke Walter White steigt in das Drogengeschäft ein, um die finanzielle Zukunft seiner Familie abzusichern. Seine Kenntnisse nutzt der Chemielehrer, um bestes N‐Methylamphetamin, also Crystal Meth, herzustellen.

 
Eine Komponente, welche die Serie antreibt, ist die Tatsache, dass wir einem Mann, Walter White, dabei zusehen, wie dieser für seine Familie bis aufs Äußerste geht. Obwohl moralische Bestimmungen ihm ganz gewiss nicht fremd sind und er ein respektables Verhalten an den Tag legt, ist er auch bereit, über Leichen zu gehen. In der vierten Staffel ist es Gus, der Besitzer von Los Pollos Hermanos und mittlerweile sein Vorgesetzter, der ihn in der Nacht nicht zur Ruhe kommen lässt, weil dieser nicht davor zurückschreckt, Menschen, die er nicht mehr benötigt, den Kopf wegzupusten. Was Walter und seine Familie am Leben hält, ist sein naturwissenschaftliches Genie, was ihm Unersetzbarkeit verleiht. Das Wissen darüber, wie man reines Meth produzieren kann, ist seine Lebensversicherung. Doch nach und nach bröckelt das Bild vom Unersetzbaren, die Festigkeit eitler Sprüche beginnt aufzuweichen. In einem Labor des mexikanischen Drogenkartells bekommt dann Gus auch den Beweis, dass er auf Walter White verzichten kann. Sein Partner Jesse Pinkman ist nämlich in der Lage, eigenständig Methamphetamin zu kochen. Man müsste ihm nur einen oder zwei Chemiestudenten als Billiglöhner zur Seite stellen, dann könnte der junge Herr das Labor selbst führen. Der Inhaber der Schnellrestaurantkette wird so zur Umschreibung für kapitalistische Rationalisierungsprozesse. Wieso zwei Menschen arbeiten lassen und für diese viel Geld abdrücken, wenn es auch einer machen kann?

Auffällig in dieser Staffel ist Walter Whites ständiges Pochen auf seine wirtschaftliche Relevanz. Neben dem Narrativ von der Unersetzbarkeit, welches er später selbst verwirft, sind da auch die wiederholten Anstrengungen, seiner Frau Skyler mitzuteilen, dass er horrende Summen mit dem professionellen Kochen von Crystal Meth verdient. Das zieht sich dann so lange wie ein Chorus durch die Staffel, bis er Skyler genauere Zahlen nennt und sie sein Jahresgehalt ausrechnet. Der Blick vom Taschenrechner auf ihn wird zum Kumpan seiner Eitelkeit. Der ehemalige Chemielehrer Walter scheint stolz auf sein Werk zu sein, doch muss er zähneknirschend die Existenz von Gus ertragen, diesem in Zahlen denkenden Geschäftsmann, der selbst in den verkehrtesten Momenten auf maßgeschneiderte Anzüge großen Wert legt. Die Beseitigung dieses Herrn, der mehr ist als bloß ein Stein im Schuh, wird dann auch zur Notwendigkeit erklärt. Bei allen Verfehlungen, die sich Walter leistet, muss man zugeben, dass seine Paranoia Hand und Fuß besitzt. Der Kauf des Revolvers zum aktiven Einsatz mag man in der zweiten Folge als voreilig empfinden, den unbedingten Tötungswillen als irrational. Doch der Verlauf gibt Walter White und seiner Furcht recht.

In seine Mordpläne bezieht er natürlich Jesse mit ein, da dieser direkten Kontakt mit Gus hat. Die beiden werden sich verkrachen in der Staffel, sich die Köpfe einhauen, mit- und gegeneinander spielen, sich entfremden, aber auch immer wieder begreifen, dass es ohne den anderen nicht funktioniert. Dabei wissen die Drehbücher mit den Lagen der beiden Figuren umzugehen und lassen aus ihren individuellen Motivationen heraus Spannungen und Reibungen entstehen, anstatt künstliche Konflikte zu erschaffen, um heikle Situationen nur auszuschlachten. Jesse Pinkman wird ohnehin spätestens hier zu einem Charakter, der der Faszination von Walter in nichts nachsteht. Um sich von seinen Schuldgefühlen abzulenken (er hat schließlich jemanden umgebracht), veranstaltet er eine Hausparty nach der nächsten. Aus den neuesten Boxen knallen die fetzigen Sounds, während Menschen mit und ohne Nadeln im Arm neben- oder aufeinander schlafen, sich übergeben, die Wände bekritzeln oder Pizzen in ihre Münder stopfen. Ein hedonistisches Paradies auf 20 Quadratmetern, das für Jesse einen Platz für Zerstreuung bietet, welcher das Trauma, das Leben eines Menschen genommen zu haben, umleiten soll. Wer die meisten dieser Leute sind, die Tag für Tag seine Bude frequentieren, weiß er nicht. Wie ein Schlafwandelnder geht er über den Haufen pennender oder zugedröhnter Partybesucher, die ihm eigentlich komplett am Arsch vorbeigehen und die er doch braucht, um abgelenkt zu werden, um die Sinnlosigkeit handfest vorgeführt zu bekommen. Es ist nur natürlich, dass er dabei das gesamte Geld unvorsichtig in einer Sporttasche aufbewahrt, die sich in einem Schrank befindet. Was soll schon dabei sein, wenn es einer seiner Gäste nimmt? Morgen steht er wieder im Labor und verdient so viel wie andere in drei Monaten.

Vince Gilligan, der Erfinder der Serie, ließ es sich nicht nehmen, die letzte Folge sowohl zu schreiben als auch zu inszenieren. Er kreierte dabei ein grandioses Finale, welches insbesondere das Verhalten der Serie, den Zuschauer keck zu überraschen, auf die Spitze treibt. Ein cleverer Einfall jagt hier den nächsten - wissend, wie der gemeine und weniger gemeine Zuschauer denkt, aber sich weder über den einen noch den anderen stellend. Wie man von solchen Serien gewohnt ist, werden Storyfäden zu Ende gebracht und die meisten Ungereimtheiten oder Rätsel aufgedeckt. Gleichzeitig wird dabei gerne auch auf offene Stränge verwiesen, welche Argumentationen auf die Frage liefern, warum man die nächste Staffel konsultieren sollte. Insofern ist es überraschend und mutig, dass sich Gilligan mit den Verweisen auf das Noch-nicht-Auserzählte zurückhält. Das zeugt von großem Vertrauen, sowohl in die Serie wie auch die Zuschauer. Die letzte Folge würde, in etwas modifizierterer Form natürlich, sogar als Serienfinale gut dastehen.

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